Science Fitness

Don’t fuck with the program

Jun, 2021

Johannes Steinhart, Biomedizin (M.Sc.) & Trainer des Deutschen Fitnesslehrer Vereinigung e.V.

In der Fitnesswelt trifft man auf ein sehr häufiges Phänomen:

Jemand will einen Trainingsplan / ein Programm/ eine Diät machen. Allerdings will der- oder diejenige noch 5 Sachen ändern.

Angetrieben durch die Idee, alles “noch besser” oder “noch effektiver” zu machen.

Oft hört man dann Sätze wie:

 “Könnte ich nicht noch …” / “Kann ich nicht einfach …”

  • … 2 Sätze von Übung XY hinzufügen?
  • … die Refeeds einfach weglassen?
  • … 3x Cardio zusätzlich machen?
  • … die Kalorien noch stärker reduzieren?
  • usw.

Doch da gibt es eine einfache Antwort:

„Don’t fuck with the program!“

Was bedeutet das?

  1. Halte dich exakt an die Vorgaben des Trainingsplans / Programms / der Diät.
  2. Keine Änderungen. Keine Anpassungen. Oder gar „Verbesserungen“.

Warum “Don’t fuck with the program”?

Bewährte Trainingspläne/ Diäten / Programme wurde schon von 1000-enden anderen gemacht.

Sie liefern exakt so wie sie sind die erwünschten Ergebnisse. Sie wurden von erfahrenen Trainern oder Experten entwickelt, die ihr Handwerk verstehen.

Angenommen es ginge noch besser. Hätten sie das Programm nicht dahin gehend gestaltet? Warum sollten sie etwas zurückhalten, was das Programm besser machen würde?

Niemand denkt sich: “Ja, das wäre sinnvoll zu integrieren, aber ich verzichte darauf”.

Alle Änderungen sind daher mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit kontraproduktiv.

Aber warum ist das so? Schauen wir uns das genauer an.

Du weißt nicht, was du nicht weiß

Vielleicht hast du von der optimalen Stimulation der Proteinbiosynthese, Anregung der Lipolyse, der Microtraumen oder Slow Twitch-Faser Wachstum gelesen.

Vielleicht sind die Vorstellungen aber auch eher rudimentärer Natur à la “mehr Training ist immer besser”, “mehr Defizit gleich schnellere Fettabnahme” usw.

“Eigentlich müsste man deshalb doch …” – Nein – müsste man nicht!

Neben den Dingen, von denen du gehört hast, gibt es 100 andere Dinge, die du nicht auf dem Schirm hast und gerade außer Acht lässt. Meist sind das fundamentale Grundlagen oder die komplexe Interaktion von Physiologie, Training und Ernährung.

Vielleicht betrachtest du sogar einen Aspekt völlig richtig, allerdings übersiehst du viele Andere, damit zusammenhängende Dinge, die durch eine Änderung negativ beeinflusst würden.

In der “eigentliche müsste man doch”-Logik fehlen daher wichtige Informationen und Erfahrungen.

Hier besteht große Gefahr dem Dunning Krueger”-Effekt zu erliegen. Dieser besagt:

Wenn wir inkompetent sind, wissen wir nicht, dass wir inkompetent sind.

Durch das Fehlen von Wissen und Zusammenhängen erscheinen uns Änderungen am Programm überhaupt erstrebenswert.

Was mit dem Blick eines Unerfahrenen logisch und sinnvoll erscheint, ist oft das Gegenteil davon.

Angenommen du würdest Segelfliegen lernen und bist in deinen ersten Flugstunden. Dann machst du auch alles so, wie du es vom Fluglehrer gesagt bekommst. Oder denkst du “Aber eigentlich müsste es doch noch besser gehen, wenn ich dieses Knöpfchen drücke !?”

Nein! Das lässt man besser bleiben. Allein schon zum Selbstschutz, wie dieses Beispiel veranschaulicht. Noch hast du nicht die Kompetenz zur freien Improvisation.

Bessere Alternativen

1.) Wähle einen qualitativen Trainingsplan / eine gute Diät / ein bewährtes Programm das genau zu deinen Zielen und deiner Ausgangsposition passt.

Einen ungeeignetes Programm zu verändern, geht meistens schief.

Du kaufst auch keinen Sportwagen und versuchst ihn dann zu einem Geländewagen umzubauen.

Investiere lieber Zeit in die sorgfältige Auswahl von Trainingsplänen, Diäten und Programmen.

Idealerweise wählst du etwas, das perfekt zu deinen aktuellen Zielen und deiner aktuellen Ausgangssituation passt. Eine gute Analyse beginnt immer mit der Bestimmung des aktuellen Körperfettanteils (KFA) und den Kraftwerten.

Anschließend findest du im Artikel: Abnehmen, Muskelaufbau, beides? Welches Ziel ist passend für dich? (+ Empfehlungen) eine gute Anleitung, was in deiner aktuellen Situation infrage kommt.

2.) 1:1 durchziehen & das „Beginner’s Mindset“

Nachdem du deine Wahl getroffen hast, setze alles genau so um, wie vorgegeben. Denke daran: Alles hat seinen Sinn, auch wenn er sich dir im Moment nicht unbedingt erschließt.

Selbst wenn du schon eine große Erfahrung hast, lohnt es sich trotzdem eine Haltung namens “Beginners Mindset” einzunehmen.

Dies bezeichnet eine geistige Haltung, die von Offenheit, Gespanntheitohne Voreingenommenheit geprägt ist.

Begegne deinem neuen Training oder Ernährung ohne genaue Erwartung oder vorgefasster Meinung. Tu so als ob du nichts wüsstest – ein absoluter “Beginner” wärst. Oft erlebt man so überraschende Einsichten, die man ansonsten übersehen hätte.

3.) Fokus nach innen um wirklich evaluieren können

Anstatt den Fokus auf das Programm zu richten (nach außen), empfiehlt es sich genau nach innen zu schauen.

  • Wie reagiert dein Körper?
  • Was verändert sich?
  • Was passiert mit deiner Psyche?

Nutze diese Zeit und beobachte ganz genau was passiert. Sammle Erfahrungen. Lerne wie dein Körper auf bestimmte Situationen reagiert. Richte deine Aufmerksamkeit nach innen.

Nur wenn du Pläne wirklich wie vorgegeben durchziehst, kannst du im Nachhinein wirklich evaluieren und vergleichen. Was war gut, was war schlecht? Vielleicht machst du bald ein anderes Programm und kannst so echte Vergleiche ziehen.

Sofern du stets modifizierte Programme absolvierst, weißt du am Ende nicht wirklich, was passiert wäre, wenn du das Programm 1:1 durchgezogen hättest.

Es ist nicht so, dass man nicht verschiedene Pläne im Laufe der eigenen Trainingskarriere ausprobieren sollte. Jeder erfahrene Athlet hat in Einiges ausprobiert und sammelt so wertvolle Erfahrung.

Das funktioniert jedoch am besten, wenn man Trainingspläne und Diäten komplett wie vorgegeben vollzieht. Danach kannst du überhaupt erst ein qualifiziertes Urteil fällen.

Fazit

  • Don’t fuck with the program – Folge deinem Trainingsplan / Diät / Programm 1:1. Keine Änderungen. Keine “Verbesserungen”. Wenn es gar nicht anders geht: so wenig verändern wie möglich.
  • Bewährte Trainingspläne / Diäten / Programme sind deshalb bewährt, weil sie exakt so wie sie sind funktionieren und Resultate liefern. Unsere Empfehlungen findest du, wenn du den Verlinkungen folgst.
  • Sammle wirklich wertvolle Erfahrungen. Richte den Fokus nach innen. Vor allem als Anfänger/in. Nur so wirst du evaluieren und vergleichen können. Nutze bewusst das “Beginners Mindset”.
  • Die Zeit für eigenen “individuelle” Anpassungen kommt, wenn du eine Vielzahl dieser Erfahrungen gemacht hast.

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Über den Autor

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Johannes Steinhart ist Master of Science (M.Sc.) in Biomedizin & Ernährungswissenschaften sowie Fitnesstrainer der Deutschen Fitnesslehrer Vereinigung (DFLV). Seine Passion ist es, wissenschaftliche Erkenntnisse zu Abnehmen, Muskelaufbau und Gesundheit unabhängig, verständlich und praxisnah darzustellen und verbreitete Unwahrheiten zurückzudrängen. Johannes ist Gründer von science-fitness.de (SF). Jedes Jahr erreicht er über 2 Mio. Leser. Außerdem ist er Autor von aktuell 6 Büchern. Mehr.

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